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„Frauen-Utopien“ auf dem „Tübinger Bücherfest 2013“

Pressemitteilung vom 4. Juni 2013

„Frauen sind dazu berufen, Utopien bewohnbar zu machen“ – Frauengestalten aus drei Jahrhunderten

 

Zum achten Mal findet das „Tübinger Bücherfest“ statt. In diesem Jahr stellt der Talheimer Verlag seinen Band zu Frauengestalten aus drei Jahrhunderten vor.

Das Tübinger Bücherfest spannt mit seinen Veranstaltungen einen weiten Bogen und wird damit zum Spiegel einer Literatur, die zugleich international und regional ist, die menschliches Leben in seinen unterschiedlichsten Facetten zeigt und interpretiert: Suche nach Geborgenheit und Aufbruch zu neuen Ufern, spannende Unterhaltung, Lebensstile, kritischer Blick in unsere Vergangenheit, die politische Gegenwart und das Lebensgefühl heute. Und das alles findet mitten in der Altstadt statt, auf engstem Raum, an einem Wochenende. Die Leser, die Zuhörer, die Passanten werden gefangen genommen, mit neuen Ansätzen konfrontiert, können sich unterhalten, kennenlernen und über ihre Erfahrungen mit Büchern und Autoren sprechen. Mitten drin werden Utopien von Frauen bewohnbar gemacht.

Wie haben sich die persönlichen Lebensentwürfe von Frauen für Frauen in den letzten drei Jahrhunderten verändert? Wofür stehen die Namen Hedwig Dohm, Ingeborg Drewitz, Dora Maar, Dorothea Schlegel und andere? Welchen Einfluß haben die historischen Frauengestalten in Kunst und Literatur auf Orientierungen von Frauen heute? Auf diese Fragen versucht der Band „Frauen sind dazu berufen, Utopien bewohnbar zu machen“ Antworten zu geben.

Wer sich intensiver mit den Künsten und der Literatur auch im historischen Rückblick beschäftigt weiß, dass gesellschaftliche Veränderungen, Umbrüche und Prozesse dort ihren „Vorschein“ finden. Denn der geschichtlichen Entwicklung greifen oft die Künste vor; sie nehmen wichtige mögliche Entwicklungstendenzen vorweg. Künstler und Künstlerinnen schaffen „personale Utopien“, Entwürfe einer erneuerten Menschheit, eines neuen Menschen, der Frau und des Mannes.

Historische und fiktive Frauengestalten aus drei Jahrhunderten werden mit ihren modernen Lebensentwürfen wieder gegenwärtig. „Frauen sind dazu berufen, Utopien bewohnbar zu machen“: Unter diesem Zitat der Schriftstellerin Ingeborg Drewitz versammelt der Band künstlerische Ideale der „neuen Frau“, erlebt und erschaut in der Literatur wie in den bildenden Künsten.

Fiktive wie historische Frauen kommen zu Wort. So etwa Lessings Minna von Barnhelm oder Leonore in Beethovens „Fidelio“. Surrealistinnen wie Dorothea Tanning (1910–2012) oder Dora Maar (1907–1997) im Paris der Zwischenkriegszeit Anfang des 20. Jahrhunderts oder lateinamerikanische Künstlerinnen wie Gabriela Mistral (1889–1957) oder Gioconda Belli (*1948) zeigen eine neue, eurozentrischen Umgang mit den Zeitläuften überwindende Lyrik, Prosa und Malerei. Virginia Woolf (1882–1941) verlangt Zugang zur Welt, verlangt als ersten Schritt ein eigenes Zimmer.

Die Architektin Karola Bloch (1905–1994) fasziniert das Gestalten von Räumen, die Architektur in und für eine befreite Gesellschaft. Frauen der klassisch-romantischen Zeit wie Dorothea Schlegel (1764–1839) oder Sophie Mereau-Brentano (1770–1806) erweisen sich mit ihren Selbst- und Weltentwürfen als höchst aktuelle Gestalten heutigen Frauenlebens. Die Frauenbilder im epischen Schaffen von Ingeborg Drewitz (1923–1986) suchen ebenso wie Dorothee Sölles (1929–2003) poetisches Werk nach weiblicher Widerständigkeit, die eine in der sozialen und demokratischen Verantwortung, die andere in der Mystik, im Verhältnis von Religion und politischem Handeln.

Die Schriftstellerin und Publizistin Hedwig Dohm (1831–1919) kämpfte mit Ironie und Witz als Mittel der politischen Auseinandersetzung, die „Memoiren einer Idealistin“ der Malwilda von Meysenbug (1816–1903) zeichnen den Selbstentwurf einer politischen Frau, die in der Zeit des Vor- und Nachmärz ihresgleichen sucht. Auch das Porträt der „Neuberin“, der Theaterdirektorin und Schauspielerin Friederike Caroline Neuber (1697–1760) untersucht die Frage wie die utopischen Entwürfe der schreibenden, malenden oder dichtenden Frauen realisierbar sind und eine Wirklichkeit voraussetzen oder bilden, die von der Gesellschaft wahrgenommen und gutgeheißen wird.

Mit Beiträgen von Heidi Beutin, Wolfgang Beutin, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Christian Bunners, Renata Dampc-Jarosz, Johann Dvořák, Jost Hermand, Herbert Schmidt, Nina Nowara, Isabel Rohner, Welf Schröter, Grazyna Barbara Szewczyk, Gerhard Wagner, Olaf Walther, Claudia Wörmann-Adam.

Heidi Beutin, Wolfgang Beutin, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Herbert Schmidt, Claudia Wörmann-Adam (Hg.): „Frauen sind dazu berufen, Utopien bewohnbar zu machen“ - Frauenbilder in Kunst und Literatur

Mössingen 2012, 272 Seiten, ISBN 978-3-89376-147-0