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Vor 80 Jahren brannten die Bücher

Pressemitteilung vom 8. Mai 2013

Erinnerung an die aufrüttelnde Tübinger Rede Karola Blochs zum 50. Jahrestag der Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten

 

Für die „Rettung der Werke des menschlichen Geistes“ zur Sicherung von Freiheit und Demokratie erhob am 10. Mai 1983 auf dem Tübinger Marktplatz die annähernd achtzigjährige aktive Antifaschistin und Widerstandskämpferin Karola Bloch laut das Wort, um an den damals fünfzigsten Jahrestag der Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten zu erinnern. „Die Bücherverbrennung war ein Symbol für die Vernichtung des Geistes, auf den die Deutschen mit Recht so stolz waren“, betonte die polnische Deutsche aus jüdischem Hause. Sie erinnerte an ihre Freunde im Widerstand und im Exil wie Alfred Kantorowicz und Bert Brecht. In ihrer aufrüttelnden Rede mahnte Karola Bloch zur aktiven Aufklärungs- und Erinnerungsarbeit. Nie wieder dürfe sich derartiges wiederholen.

Am nunmehr achtzigsten Jahrestag der Bücherverbrennung liest Welf Schröter, politischer Freund Karola Blochs und Herausgeber ihrer Schriften, am 10. Mai 2013 im Tübinger Zimmertheater deren Rede von 1983. Damit soll all jenen gedacht werden, die als Autoren und Schriftsteller gegen den Nationalsozialismus Stellung bezogen und verfolgt wurden.

Die Rede Karola Blochs wurde 1989 im Talheimer Verlag veröffentlicht:

Karola Bloch: Für Alfred Kantorowicz. In: Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Karola Bloch - Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden.

Reden und Schriften in zwei Bänden. Mit einem Nachwort von Jürgen Teller (1926 – 1999) und einem Beitrag von Hans Mayer (1907 – 2001) über Ernst Bloch. 1989/90, 340 Seiten, 2 Bde., ISBN 978-3-89376-003-9. Band 1, Seite 84-90.

„Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden.“ In diesem Satz von Karola Bloch spiegelt sich nicht nur ein persönliches Lebensprinzip, das aus tiefgreifenden Erfahrungen gereift ist. Er drückt zugleich den von ihr stetig geförderten und geforderten „Traum von einer Sache“ aus, die Möglichkeit verspricht, daß sich der Mensch durch Aufklärung aus seiner „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ zu befreien vermag. Sehnsucht erwächst hier aus notwendig enttäuschter Hoffnung. Sehnsucht wird zur ständigen Unruhe, die zum Eingreifen und Tätigwerden drängt. Einer Philosophie folgend, die auf der „Invariante der Richtung“ fußt, die ihre unverwechselbaren Wurzeln in dem einschneidenden Erlebnis der Russischen Revolution zu finden vermag. In einer politisch gewendeten Sehnsucht, die das Hoffen der einzelnen im Tagtraum des Ganzen beheimatet wußte, ging die Architektin, Parteigängerin der KPD, Kritikerin der DDR, politische Rednerin und analytische Publizistin stets zu jenen, die sie brauchten, denen sie Ermutigung sein konnte. Ihrem parteilichen Engagement für die „Sache der Unterdrückten“ ist sie bis heute treu geblieben. Dabei reichen ihre Spuren weit über die Grenzen ihres polnischen und des deutschen Sprachraumes hinaus.“ (Welf Schröter)