Inhaltsverzeichnis
Heidi Beutin, Wolfgang Beutin, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Michael Walter, Claudia Wörmann-Adam
„Widerstand ist nichts als Hoffnung“ – Vorwort
Frank Werneke
„Dem Gegner niemals die Zukunft überlassen“. Widerstand und widerständiges Handeln von Gewerkschaften
Hans-Ernst Böttcher
Widerstand und Recht – eine schwierige Beziehung
Jost Hermand
Doch. Dennoch. Trotzalledem. Die Relevanz der Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss für die heutige Situation
Wolfgang Beutin
„Zum Wohl des Vaterlands verschworne Helden“. Widerstand und Literatur
Heidi Beutin
Antifaschistischer Widerstand im Alltag
Claudia Wörmann-Adam
„Der Widerstand eines Humanismus, der sich seiner Pflichten bewußt ist“. René Char – Poet im Maquis
Heinrich Bleicher-Nagelsmann
„… es war die Würde, die vor den Mündungen eurer Gewehre lag“. Das Thema Widerstand in den Romanen von Jorge Semprún
Irene Scherer
„Nur langsam und nicht hochnäsig sein“ – Kampf um die Moderne am Fuß der Schwäbischen Alb. Hintergründe und Vorgeschichten des Mössinger Generalstreiks gegen Hitler
Thomas Voß
Mit Wort, Schrift und Gewalt. Jüdischer Widerstand gegen den Holocaust
Grazyna Barbara Szewczyk
Widerstandskämpferinnen in der polnischen Kultur und Literatur. Portraits aus der Zeit 1939–1945
Alexander Bahar
Harro Schulze-Boysen und der Gegner-Kreis. Widerstand im Spannungsfeld zwischen Sozialismus und Nationalismus
Gabriele Loges
„Wir aber wollen Male richten euch zum Gedächtnis“. Ricarda Huch – eine deutsche Schriftstellerin zwischen dem Austritt aus der Akademie der Künste 1933 bis zum Schriftstellerkongress 1947
Johann Dvorák
Widerständiges Schreiben in einer barbarischen Gesellschaft. Die junge Ingeborg Bachmann in Österreich nach 1945
Heiner Wittmann
„… die Ausübung und das Erleiden des Terrors verweigern“ (Camus). Die Intellektuellen und der Widerstand im Algerienkrieg
Welf Schröter
„Sonst ist es fein still auf dem schneebedeckten Brachland Pachulkistans“ – Widerstehen durch die Mauer hindurch. Der deutsch-deutsche Briefwechsel von Johanna & Jürgen Teller (Leipzig) mit Ernst & Karola Bloch (Tübingen). Zum 20. Todestag von Jürgen Teller
Paula Keller
Tabula Rasa – Freies Feld für den Neoliberalismus. Der Bergarbeiterstreik 1984–85 in Großbritannien
Lorenz Gösta Beutin
Klimagerechtigkeit als Zukunftsthema. Ökologie und die soziale Frage sind zwei Seiten derselben Medaille
Gudrun Hentges, Hans-Wolfgang Platzer
Europäische Identitätskonstruktionen rechtspopulistischer Parteien. Historische und aktuelle Aspekte anlässlich der Europawahl 2019
Autorinnen und Autoren
„Die Geschichte vom Widerstand und von der Widerständigkeit von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, von Gewerkschaften als Organisationen ist nicht frei von Brüchen. Aber wir stehen auf einem festen Fundament – gemeinsam im DGB. In dessen Satzung ist festgehalten: Zur Erreichung der gewerkschaftlichen Ziele gehört auch ‚die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der einzelnen Grundrechte und der Unabhängigkeit der Gewerkschaftsbewegung sowie der Tarifautonomie einschließlich der Wahrnehmung des Widerstandsrechts (Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz)‘. Für uns heißt das als ver.di ganz konkret: Widerstand zu leisten, widerständig zu sein, wenn es gilt, die Interessen der Beschäftigten, die Würde der Menschen zu vertreten und zu verteidigen. Oder um an Wilhelm Leuschner zu erinnern: ‚Wir werden dem Gegner niemals die Zukunft überlassen.‘“ (Frank Werneke)
„Ricarda Huch war bürgerlich konservativ, modern, selbstbewusst und widerständig – auch über den erlebten Faschismus hinaus –, wo es ihr notwendig sowie möglich war. Sie war keine Widerstandskämpferin. Sie musste nicht wie ihre jüdischen Kolleginnen und Kollegen vor dem Faschismus fliehen. Sie wurde immer wieder von den Machthabern hofiert, ließ sich jedoch nicht korrumpieren. Für die, die ihr Leben oder ihre Freiheit lassen mussten, setzte sie sich auch in hohem Alter ein, weil sie wohl wusste, wie notwendig es war, die Zukunft nicht denen zu überlassen, die neu oder alt wieder am Hebel der Macht saßen. Sie, die selbst während dieser Zeit nicht wie zuvor veröffentlichen konnte, wollte mit ihren literarischen Porträts erneut eine möglichst breite Leserschaft erreichen. Sie wollte erinnern, um die Zukunft mitzugestalten.“ (Gabriele Loges)
„Horst Wernicke, einer seiner deutschen Herausgeber und Übersetzer, schreibt über ihn 1985: ‚René Char ist zu keiner Zeit ein sanfter und freundlicher ‚Pazifist‘ gewesen, … sondern ein sehr kämpferischer und entschieden handelnder Friedensstifter. Als solcher aber ist er einer der schärfsten Gegner aller heutigen ‚Aufrüstungs‘-Befürworter in Ost und West.‘ Und dann über die Aussage von René Char, die unserer Tagung als Motto dient: ‚Widerstand ist nichts als Hoffnung‘ – das bedeutet nun bei René Char eindeutig nicht eine christliche Hoffnung. Und es ist auch keine kommunistisch-marxistische Hoffnung. René Char hatte nie – wie seine zeitweiligen Gefährten André Breton oder Paul Éluard – eine sozialistische Revolution vor Augen (obwohl er sich ‚Sozialist‘ nennt), er folgt auch keiner christlichen Lehre und keinem Dogma. ‚Die Orthodoxien meiden, sie sind fürchterlich‘, stellt er mehrfach fest. Char besitzt eine große menschliche Güte, die bedingungslos ist.‘ Und weiter: ‚Der von Char geforderte und für möglich und wirklich gehaltene ‚homme debout‘, der ‚Mensch im aufrechten Gang‘, der Chars Devise entspricht: ‚Beuge Dich nur um zu lieben‘, das ist der ‚Homme revolté‘, der ‚Mensch in der Revolte‘ seines Freundes Albert Camus.‘
René Char bleibt der ‚homme debout‘, der Mensch mit dem aufrechten Gang. Er mischt sich ein gegen Atomkraftwerke und gegen die Stationierung von Atomraketen in der Provence; und, als der ‚Front National‘ 1984 bei den Europawahlen in seiner Heimatstadt eine Mehrheit gewinnt, räumt er eigenhändig mit zwei Freunden das erst zwei Jahre zuvor auf Initiative des damaligen französischen Kulturministers Jacques Lang eröffnete Musée Bibliothèque René Char in L’Isle sur la Sorgue wieder aus. Er schreibt ein großes Werk mit sehr vielen Büchern. Er ist mit vielen Autoren und Künstlern, die häufig seine Werke illustrieren, befreundet und er lehnt Auszeichnungen und Preise aller Art ab. Als erstem Autor wird ihm noch zu Lebzeiten durch die Aufnahme in die berühmte Bibliothèque de la Pléiade, die die renommiertesten französischen und, in Übersetzungen fremdsprachige Klassiker, in leder-gebundenen Dünndruckausgaben seit den 1920er Jahren herausbringt, eine ganz besondere Anerkennung zuteil. Am 19. Februar 1988 stirbt er in Paris und wird am 24.2. in L’Isle sur la Sorgue beigesetzt. Auf seinem Grabstein steht: ‚Si nous habitons un éclair, il est le coeur de léternel.‘ ‚Wenn wir einen Blitz bewohnen, ist er das Herz der Ewigkeit.‘“ (Claudia Wörmann-Adam)
„Was also Weiss unter einer wahrhaft bedeutsamen Kunst für jedermann verstand, war weder das, was in älteren Klassengesellschaften als höfisch-klerikale Kultkunst oder bürgerlich-repräsentative Lebenskunst im Sinne Richard Hamanns galt, noch eine sogenannte ‚Volks‘-Kunst, die bewusst von geringeren Ansprüchen ausgeht. Er wollte daher keine ‚Kunst für Arbeiter‘, wie er immer wieder schrieb, also eine niedere, anspruchslose Kunst, sondern setzte sich mit sozialistischer Verve stets dafür ein, die ‚Lebensbedingungen‘ der unteren Klassen so grundsätzlich zu verändern, das heißt ihnen im Rahmen verbesserter sozialer Bedingungen so viel ‚Bildung‘ zu vermitteln, um ihnen dadurch endlich selbst die bisher unbekannt gebliebenen aufrührerischen Werke der Hochkultur ‚zugänglich zu machen‘. Überzeugt davon, dass die kapitalistische Marktgesellschaft aufgrund ihrer ausschließlich auf Profitsteigerung bedachten Grundorientierung weder ein Interesse an einer auf Veränderung drängenden Ideologiewende noch an einer ihre Vormachtstellung gefährdenden gesellschaftskritischen Kunst habe, berief sich deshalb Weiss – angesichts des immer weiter fortschreitenden Kulturverfalls – notgedrungen vornehmlich auf jene Kunstwerke der Vergangenheit, die sich noch gegen diese Ideologie- und Kulturlosigkeit aufgelehnt hätten und darum weiterhin für uns vorbildlich sein sollten.“ (Jost Hermand)