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reihe nut e.V. - Band 08reihe nut e.V. - Band 10

reihe nut e.V. - Band 09

Kirsten Smilla Ebeling

Die Fortpflanzung der Geschlechterverhältnisse
Das metaphorische Feld der Parthenogenese in der Evolutionsbiologie

2002, 368 Seiten, br., 28,00 €
ISBN 978-3-89376-100-5 [ISBN 3-89376-100-4]

„Fortpflanzung, Geschlecht und Macht bilden in Ebelings Darstellung Bildfeldkomplexe, in denen die Geschichte des Patriarchats in seinen sozialen und wissenschaftlichen Aspekten kondensiert ist. Ein besonderer Reiz dieser Arbeit besteht darin, dass die Autorin Stereotype von männlicher Distanz und von Zweigeschlechtlichkeit auch dort auffindet, wo man sie auf den ersten Blick nicht vermuten könnte, nämlich in wissenschaftlichen Texten  über Eingeschlechtlichkeit und über Tierarten, in denen ausschließlich Weibchen Nachkommen erzeugen. […] Insgesamt ist Smilla Ebelings Arbeit ein wichtiger Beitrag zu feministischer Wissenschaftskritik im Bereich der Biologie, von der hoffentlich zahlreiche inhaltliche und methodische Impulse zum Weiterforschen ausgehen werden.“ (Bettina Wahrig)

reihe nut e.V. - Band 09
( Talheimer Verlag )

€ 28.00 (inkl. 7 % MwSt.)


Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Bettina Wahrig

Danksagung

Einleitung

Kapitel 1
Wissensproduktion, Machtanalyse und die Kategorie ‚Geschlecht‘ in der Biologie

1.1 Analyse gesellschatlicher Machtstrukturen bei Michel Foucault
1.2 Die Kategorie ‚Geschlecht‘ in poststrukturalistischen Sexualitäts- und Machttheorien
1.3 Die Rolle der Kategorie ‚Geschlecht‘ in der Biologie

Kapitel 2
Metaphern als Element der Wissensproduktion

2.1 Methode der Metaphernanalyse
2.2 Metaphern in den Naturwissenschaften

Kapitel 3
Fortpflanzung und Macht

3.1 Leben schaffen und Macht
3.2. Der schwangere Mann

Kapitel 4
Biologische Theorien über ‚Parthenogenese‘

4.1 Die Geschichte der Erforschung von ‚Parthenogenese‘
4.2 Wissenschaftliche Definitionen von ‚Parthenogenese‘
      4.2.1 Natürliche ‚Parthenogenese‘
      4.2.2 Künstliche ‚Parthenogenese‘
      4.2.3 Merogonie
      4.2.4 ‚Parthenogenese‘ und ‚Sexualität‘
      4.2.5 ‚Parthenogenese‘ und der Artbegriff
4.3 Evolutionsbiologische Theorien über die verschiedenen ‚Fortpflanzungsformen‘
      4.3.1 Allgemeine evolutionsbiologische Prinzipien
      4.3.2 Evolutionsbiologische Argumentationen über die Vor- und Nachteile ein- und zweigeschlechtlicher ‚Fortpflanzungsformen‘
      4.3.3 Fazit

Kapitel 5
Metaphern wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Texte von 1950 bis 2001

5.1 Ordnungskriterien für die Metaphern
5.2 Die untersuchten Texte
5.3 Interaktionen evolutionsbilogischer und gesellschaftlicher Diskurse
5.4 Metaphern bei ‚reinen Weibchenarten‘
      5.4.1 Poecilia formosa – Gynogese
      5.4.2 Cnemidophorus uniparens – obligate ‚Parthenogenese‘
      5.4.3 Bdelloidea – die obligate ‚Parthenogenese‘
5.5 Zusammenfassung

Kapitel 6
Evolutionsbiologische Fortpflanzungstheorien im Macht-Wissen-Komplex

6.1 Interkationen evolutionsbiologischer und gesellschaftlicher Diskurse
6.2 Evolutionsbiologische ‚Fortpflanzungstheorien‘ als Element der Geschlechter- und Machtverhältnisse
Zusammenfassung

Anhang

Literatur
Glossar


Aus dem Vorwort von Bettina Wahrig:

„Die vorliegende Arbeit ist einem Thema der biologischen Forschung gewidmet, das erst auf den zweiten Blick seine Brisanz und Aktualität offenbart. ‚Parthenogenese‘, wörtlich übersetzt ‚Jungferngeburt‘, ist ein Spezialbegriff der Zoologie. Er kennzeichnet eine Fortpflanzungsart, die in den Lehrbüchern der Biologie als Sonderform, als Randphänomen der ‚normalen‘ und evolutionsbiologisch angeblich ‚vorteilhafteren‘ zweigeschlechtlichen Fortpflanzung erscheint. In ihrer Arbeit zeigt Smilla Ebeling, dass diese ‚Randposition‘ der Parthenogenese weniger ihrem seltenen Vorkommen – das bei genauerem Hinsehen aber gar nicht so marginal ist –, als vielmehr der Überlagerung biologischer Diskurse mit den durch ein zweigeschlechtliches Gender-Dispositiv hervorgerufenen Stereotypen und Denkbildern geschuldet ist.

Fortpflanzung, Geschlecht und Macht bilden in Ebelings Darstellung Bildfeldkomplexe, in denen die Geschichte des Patriarchats in seinen sozialen und wissenschaftlichen Aspekten kondensiert ist. Ein besonderer Reiz dieser Arbeit besteht darin, dass die Autorin Stereotype von männlicher Dominanz und von Zweigeschlechtlichkeit auch dort auffindet, wo man sie auf den ersten Blick nicht vermuten könnte, nämlich in wissenschaftlichen Texte über Eingeschlechtlichkeit und über Tierarten, in denen ausschließlich Weibchen Nachkommen erzeugen. Ebelings methodischer Ansatz besteht in einer Metaphernanalyse, die literaturwissenschaftliche und wissenschaftshistorische Methoden kombiniert. Inspiriert von anderen Arbeiten der Feminist Science Studies, die wissenschaftliche Begriffsbildung auf ihre Wechselwirkungen mit dem Geschlechterverhältnis hin befragen wie z. B. den Arbeiten von Londa Schiebinger, zeigt die Autorin Zusammenhänge zwischen mythischen Erzählungen, gesellschaftlich wirksamen Stereotypen und wissenschaftlichen Forschungsansätzen auf. Besondere Aktualität bekommt die Arbeit dadurch, dass sie einen Zusammenhang zwischen den Begriffen des Klons und des Parthenogenten herstellt. Mit dieser Ineinssetzung eines (wissenschaftlichen) Kunstprodukts mit einem ‚natürlichen‘ Phänomen werden Macht und Zeugungskraft einerseits metaphorisch verbunden, andererseits wird die Hybris, die im Übergang von der ‚natürlichen‘ zur ‚wissenschaftlich assistierten‘ Reproduktion liegt, werden die Machtverhältnisse, welche die neuen Reproduktionstechniken ausdrücken, naturalisiert. Insgesamt ist Smilla Ebelings Arbeit ein wichtiger Beitrag zu feministischer Wissenschaftskritik im Bereich der Biologie, von der hoffentlich zahlreiche inhaltliche inhaltliche und methodische Impulse zum Weiterforschen ausgehen werden.“


Aus der Einleitung von Kirsten Smilla Ebeling:

„Wie viele evolutionsbiologische Texte beginnt auch diese Arbeit mit der Feststellung, dass Sexualität in den Biowissenschaften große Aufmerksamkeit erhält. Zweigeschlechtliche Fortpflanzung wird als vorherrschend im Tierreich angesehen und gilt in evolutionsbiologischen Theorien im Vergleich zu ungeschlechtlichen Fortpflanzungsformen als die entwickeltere Fortpflanzungsweise. Wegen ihrer weiten Verbreitung werden für die zweigeschlechtliche Fortpflanzung enorme Vorteile angenommen. Doch die Evolution der Sexualität wird nicht deshalb als die ‚Königin‘ der evolutionsbiologischen Fragen bezeichnet, weil sie eine einfache Frage darstellt, sondern weil für ihre Beantwortung komplexe Verhältnisse erklärt werden müssen und weil viele Faktoren bis heute ungeklärt geblieben sind. So werden neben den zwei- und ungeschlechtlichen ebenfalls eingeschlechtliche Fortpflanzungsformen beschrieben, deren Entwicklung und Beibehaltung schwer zu erklären sind. Die eingeschlechtlichen Fortpflanzungsformen werden unter dem Begriff Parthenogenese – zu Deutsch Jungfernzeugung – zusammengefasst, wobei ihre Zuordnung zu den sexuellen Fortpflanzungsweisen in der evolutionsbiologischen Literatur umstritten ist. Viel entscheidender ist jedoch, dass den Parthenogeneseformen gegenüber der zweigeschlechtlichen Fortpflanzung in dem evolutionsbiologischen Fortpflanzungsdiskurs ebenfalls gravierende Vorteile zugeschrieben werden, so dass sie theoretisch weiter verbreitet sein müssten, als es in der Biologie beschrieben wird. Insgesamt besitzen also sowohl die zweigeschlechtliche als auch die eingeschlechtlichen Fortpflanzungsweisen den biologischen Theorien zufolge Vor- und Nachteile, die schwer abzuwägen sind. Daher liegen bis heute keine befriedigenden Erklärungen für die Existenz und Beibehaltung der ein- und zweigeschlechtlichen Fortpflanzungsformen in der Biologie vor. Dieser evolutionsbiologische Fortpflanzungsdiskurs wird in der vorliegenden Studie aus einer wissenschaftssoziologischen Perspektive analysiert. Das Interesse gilt dabei den Einflussfaktoren und Mechanismen der biologischen Wissensproduktion, insbesondere der Kategorie ‚Geschlecht‘. Vorausgesetzt wird, dass die Biologie wie alle Wissenschaften ein gesellschaftliches Unternehmen ist und gesellschaftlichen Einflüssen unterliegt sowie ihrerseits Wirkungen in gesellschaftlichen Diskursen hat. Die Beziehungen von Biologie und Gesellschaft beinhalten komplexe Interaktionen, von denen ein Element untersucht wird, indem der Fokus auf die abendländischen Geschlechter- und Machtverhältnisse in der evolutionsbiologischen Wissensproduktion gelegt wird. Wissenschaftsforschung wird hier also auch als eine Geschlechterstudie durchgeführt.“