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Die Architektin Karola Bloch

Roland Beer, Claudia Lenz

„… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“

Die Architektin Karola Bloch

2022, 2 Bände, 696 Seiten, Format 22x22 cm, bebildert, Preis 95,00 €
ISBN 978-3-89376-187-6

Der vorliegende Band „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ mit der Auswertung umfangreicher Recherchen lässt Karola Bloch für sich sprechen. Roland Beer und Claudia Lenz spüren neugierig dem beruflichen Werdegang der Architektin, Hitlergegnerin, SED-Kritikerin, Sozialistin, Jüdin und Polin Dipl.-Ing. Karola Bloch (1905–1994) nach. Sie lassen die leidenschaftliche Anhängerin des Neuen Bauens und der Architekturmoderne auf vielfältige Weise in das Scheinwerferlicht der Leserinnen und Leser treten. Respektvoll und zugleich kritisch zeichnen sie das Lebenswerk nach, das die schöpferisch arbeitende Frau in der Baukunst insbesondere in ihrer Leipziger Zeit hinterlassen hat. Diese Würdigung wird ergänzt um knapp dreißig Textbeiträge von Karola Bloch aus ihrer Arbeit als Architektin. Als Denkerin in der Welt der Architektinnen und Architekten nahm sie professionell den Standpunkt des Baulich-Sozialen und die Perspektive der Frau ein. 

Die Architektin Karola Bloch
( Talheimer Verlag )

€ 95.00 (inkl. 7 % MwSt.)


Inhaltsverzeichnis

 


Vorwort
Von Roland Beer und Claudia Lenz

Rezept
Von Mascha Kaléko

 

1905–1928 Herkunft und erste Einflüsse


1905–1914 Lódz In der häßlichen Stadt

1914–1918 Moskau Augenzeugin der Revolution

1918–1921 Lódź Ende der Kindheit

1921–1928 Berlin Auf der Suche

 

1928–1934 Studium


1928–1931 Wien Altvorderliche Studien

1931–1933 Berlin Moderne Ausbildung

1933–1934 Zürich Diplom

 

1934–1949 Architektin im Exil


1934–1935 Wien Erste Schritte als Architektin

1935–1936 Paris Ein unbezahltes Praktikum

1936–1938 Prag Selbstständige Frauen

1938–1949 USA Hauptverdienerin

 

1949–1961 In der DDR


1950–1957 Leipzig Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition

1950–1957 Leipzig Architektin der Kindergärten

1949–1961 Leipzig Engagierte Bürgerin

 

1961–1994 Die kleine Stadt


1961–1994 Tübingen „… nicht berufstätig“

 

Beiträge von Karola Bloch aus ihrer Arbeit als Architektin


Anlage 1 Deutscher Baukalender

Anlage 2 Wie reorganisiere ich meine Wohnung

Anlage 3 Wie man Warschau aufbaut

Anlage 4 Blick nach Polen

Anlage 5 Warum nicht Barock im Sitzungssaal?

Anlage 6 Warum Barock im Sitzungssaal?

Anlage 7 Neue Typenpläne für unsere Kindertagesstätten

Anlage 8 Schlußfolgerungen zur Diskussion über die neuen Typenpläne

Anlage 9 Diskussionsbeitrag zu Fragen neuer deutscher Architektur

Anlage 10 Referat über die Typenentwicklung von Kinderkrippen

Anlage 11 Der Kindergarten

Anlage 12 Grundrißschemas von Einrichtungen für das Kleinkind

Anlage 13 Kindergärten und Kinderwochenheime

Anlage 14 Das Kinderwochenheim „Zukunft der Nation“ der Leipziger Baumwollspinnerei

Anlage 15 Kindergärten oder Anstalten?

Anlage 16 Aufstellung der durchgeführten Arbeiten in den Monaten April – Juli 1954 von Karola Bloch

Anlage 17 Kritische Analyse des Architekturschaffens in der Deutschen Demokratischen Republik

Anlage 18 Ergänzung zu den Richtlinien für die Projektierung und den Bau von Kinderkrippen und Kindergärten

Anlage 19 Die Frau als Architektin

Anlage 20 „Ich baue gern Kinderheime!“

Anlage 21 Eine Frau baut Kindergärten

Anlage 22 Schluß mit der „Schlagsahne“

Anlage 23 Diskussionsbeitrag, Beiträge zur Industrialisierung der Möbelproduktion

Anlage 24 Möbel im Kreuzverhör

Anlage 25 Über Raumhöhe

Anlage 26 Ein mutiger Architekt

Anlage 27 Leserbrief an „Neues Deutschland“ zu den Ereignissen vom 17. Juni 1953

Anlage 28 Formgestaltung der Küche

Anlage 29 Zeitgemäße Haushaltsgeräte

Anlage 30 Vom Bauen und Zweckmäßige Küche

 

Nachwort


„Erst mal einen Stein legen, von dem der Sprung gelingt“ (Karola Bloch)
Verlegerische Gedanken zur Würdigung der Lebensleistung von Karola Bloch
Von Irene Scherer und Welf Schröter

 

Bucheditionen im Talheimer Verlag von und zu Karola Bloch

 

Reproduktionsnachweise

 

Quellenverzeichnis

 

Angaben zum Autor und zur Autorin

 

Namensverzeichnis

 

 

Vorwort von Roland Beer und Claudia Lenz


Karola Bloch war durch und durch Architektin. Auch wenn ihr das Leben immer wieder Steine in den Weg legte, oder sie manchmal andere Prioritäten setzen musste: Architektur war eine große Leidenschaft von ihr. Sie war glücklich, Architektin zu sein. Und doch ist diese Tatsache, oder dass sie ihre Ausbildung als Frau, Jüdin und Sozialistin nur mit starkem Willen gegen die damaligen Umstände beenden konnte, oder dass sie lange Jahre an verschiedenen Orten und auf zwei Kontinenten als Architektin gearbeitet hat, nur in Teilen bekannt. Eine umfassende Darstellung ihres Architektinnenlebens lag bisher nicht vor.

Mit diesem Buch möchten wir eine solche Darstellung wagen. Ausgangspunkt unseres Vorhabens war Karola Blochs Autobiographie „Aus meinem Leben“. Die vielen Textpassagen, die sich direkt oder auch nur am Rande mit ihrer Ausbildung und ihrer Arbeit als Architektin befassen, ergeben zusammen genommen ein aussagekräftiges Bild über ihre Selbstwahrnehmung sowie ihre eigene Verortung in der Architekturszene ihrer Zeit. Doch waren für uns die von ihr erwähnten Namen, Orte und Ereignisse vor allem eine Grundlage für weitere und tiefere Recherchen. Die Suche in Archiven, Bibliotheken und Briefwechseln im In- und Ausland half uns, die Aussagen der Autobiographie an vielen Stellen sehr zu erweitern. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf Karola Blochs Tun in ihrer Leipziger Zeit, wo sie einige Jahre als Mitarbeiterin der Deutschen Bauakademie in Berlin die architektonischen Entwicklungen in der DDR mitgestaltet hat. Nicht nur ein Nebenprodukt war für uns die Untersuchung von Beziehungsgeflechten, Netzwerken und persönlichen Freundschaften. Dabei zeigten sich Entwicklungslinien der Architekturgeschichte, und wie sich die verschiedenen Planerinnen und Planer gegenseitig beeinflusst haben.

Ihr gezwungenermaßen unstetes Leben ermöglichte es Karola Bloch nie, wirklich berufliche Wurzeln zu schlagen oder sich einen Namen zu machen. Immer wenn sie gerade begann, Fuß zu fassen, ging es schon wieder weiter an einen neuen Ort. Mit diesen Ortswechseln gingen oft persönliche Schriftstücke und Fotografien sowie die Unterlagen über ihre architektonischen Arbeiten verloren. Doch war es bei unseren Recherchen immer wieder erstaunlich, wo überall Spuren ihres Wirkens zu finden waren. So konnten wir manche Lücken schließen und ihr Oeuvre aus 27jähriger Tätigkeit als Architektin an vielen Stellen rekonstruieren.

Wir sind selbst planerisch tätige Menschen – Stadtplaner und Architektin. Wir müssen uns in unserem Beruf jeden Tag aufs Neue damit auseinandersetzen, was unser Tun für die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern bedeutet, was guter Raum ist und vieles mehr. Auch Karola Bloch musste sich diesen Fragen stellen und immer wieder ihre Haltung als Architektin hinterfragen und nachjustieren. Aus ihrer Autobiographie und den vielen anderen Quellen lassen sich Wesenszüge und Ansichten herauslesen, von denen sie sich bei ihrem architektonischen Tun leiten ließ. Sie hatte klare ästhetische Vorstellungen und arbeitete immer sehr detailliert an der funktionellen Qualität ihrer Entwürfe. Aber sie behielt dabei immer die Menschen, die die Gebäude nutzen sollten, fest im Blick. Sie arbeitete nie „von oben herab“, sondern setzte sich immer mit den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen auseinander. Ihr war das jeweilige Projekt wichtig, nicht ihre persönliche Eitelkeit.

Karola Bloch war eine außergewöhnliche Frau. Trotz aller Schläge – ihre Flucht vor der Verfolgung im 3. Reich, ihr jahrelanges Exil in Europa und den USA, die Ermordung ihrer Familie durch die Nazis und die schmerzlichen Erfahrungen mit dem real existierenden Sozialismus – machte sie immer weiter und gab nie auf. Ihr Schicksal steht dabei prototypisch für die leidvollen Erfahrungen vieler Menschen im 20. Jahrhundert, gleichzeitig aber auch für den Mut vieler Menschen, gegen Unrecht und Menschenfeindlichkeit aufzustehen. Als politische Frau ist sie bis heute für viele ein Vorbild – für uns ist sie vor allem aber auch eine bemerkenswerte Architektin und wir hoffen sehr, dies mit unserem Buch ins öffentliche Bewusstsein rücken zu können.

 

Leipzig, 22. Januar 2022

Roland Beer, Claudia Lenz

 

 

Textauszüge aus dem Kapitel über die Leipziger Zeit

 

„ Karola Blochs Schwerpunkt lag bei ihrer Entwurfsarbeit für Kindereinrichtungen auf Schema- und Typengrundrissen. Dabei war ihr wichtig, Raumsysteme zu entwickeln, die gut im Alltag funktionierten, die die pädagogischen Konzepte der damaligen Zeit unterstützten und die den Kindern sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine angenehme Aufenthalts- und Arbeitsatmosphäre schufen. Karola Bloch war mit ihrem ‚Arrangement‘ mit der Nationalen Bautradition nicht alleine. Dass man in der DDR und in anderen sozialistischen Ländern einen Modus vivendi finden musste, wenn man als Architektin oder Architekt erfolgreich arbeiten wollte, war bereits am Beispiel Hermann Henselmann zu sehen. Karola Bloch schrieb dazu in ihrer Autobiographie: ‚Der Erbauer der Stalin-Allee, Hermann Henselmann, erzählte mir mit Tränen in den Augen, wie er zu der falschen Pracht gezwungen worden war. Er zeigte mir seine eigenen Entwürfe, die in der Tat ganz anders und viel besser aussahen, aber abgelehnt worden waren.‘ Und auch Szymon Syrkus, der Mann ihrer Freundin Helena Syrkus – beide vormals Vertreter und Vertreterin des CIAM in Polen –, musste sich anpassen, um seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Karola Bloch kommentiert dies in einem Brief an Hannes Meyer: „Aus Polen bekomme ich manchmal die Zeitschrift ‚Architektura‘ – auch dort ist die Lage ähnlich wie hier. Nicht wenig erstaunt war ich als ich einen Entwurf von Syrkus gesehen habe, der vollkommen auf dem Boden der neuen Tatsachen steht und furchtbar ist. Die leitenden Artikel der Zeit-schrift ermahnen, dass man die Architektur des Endes des XIX-en J. als richtungsweisend studieren soll.‘ Ihr ‚Arrangement‘ hielt Karola Bloch aber nicht ab, an der einen oder anderen Stelle die Architektur- und Stilentwicklungen in der DDR kritisch zu kommentieren – verwaltungsintern und öffentlich.“

 

„Karola Blochs offensives Eintreten für Qualität in Innenarchitektur und Produktgestaltung wurde auch in der Folgezeit in weiteren Artikeln und Diskussionsbeiträgen sichtbar. Am 18. März 1956 konnte sie mit dem Text ‚Möbel im Kreuzverhör‘ erneut im ‚Sonntag‘ einen Artikel veröffentlichen. Darin wiederholte sie in geraffter Form ihre Aussagen von der Möbel-Konferenz im Februar. Am 25. März 1956 berichtete die ‚Neue Zeit‘ unter dem Titel ‚Das hat nun lang genug zu unserm Glück gefehlt‘ von dem Lichtbildervortrag ‚Innenarchitektur – für wen?‘, den Karola Bloch vor Architekten und Innenarchitekten sowie Vertretern des Handels, der Industrie und der Deutschen Bauakademie im Club der Kulturschaffenden in Berlin gehalten hatte. Aus dem Artikel kann man schließen, dass Karola Bloch wohl auch bei diesem Vortrag kein Blatt vor den Mund genommen hat. Die Journalistin sprach von ‚Schrankungetümen‘, oder davon, dass es ‚erschütternd‘ sei, dass kein Betrieb der DDR moderne Einbauküchen herstelle. Es gebe fast keine preisgünstigen Einzel-, Anbau- oder Kindermöbel, die Möbel der Werkstätten in Hellerau seien die einzigen, die ‚internationalem Niveau‘ entsprächen, und die meisten Möbel seien ‚gedankenlos entworfen‘ und die Räume ‚vollgestopft‘. Und auch der Hinweis, dass die Möbel sicher weniger wögen, wenn die Entwerfer selbst putzen und Möbel rücken müssten, fehlte nicht. Laut des Artikels war der Abend für Karola Bloch ein Erfolg: ‚Das Ergebnis dieses Abends? Immerhin eine Resolution, die eine grundlegende Umstellung der Möbelindustrie in der DDR fordert, Verbrüderung der sich offenbar feindlichen Architektur und Innenarchitektur und eine Verjüngungskur für den angegrauten, wagnisscheuen Handel. Was eine Frau nicht alles fertigbringt …!‘.“