Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Arno Klönne
Einführung von Francesca Vidal
Hochschulpolitische Kontroversen in Perspektive
Die Legende der ’68er. Oder: Die geschichtlichen Inhalte der Studentenbewegung
Die Wiederkehr des „Zauberlehrlings“? – Neue Wirklichkeit und Tradition des wissenschaftlichen Nachwuchses
„Ausbildung ist Konsumentenpflicht“ – Der „Betrieb“ Hochschule
Zum historischen Kontext der unabgegoltenen Studentenbewegung
Vorgeschichte und vermittelnde Interpretation der Hochschuldiskussion – Die Herausbildung des Partizipationsanspruchs
Zwei Zeichen für die Zukunft – Zum Tode von Rudi Dutschke
Die Herausforderung der Subkultur – Zum zukünftigen Handlungsbedarf der Universität
Anhang
Literaturverzeichnis
Register
Nachweise
Aus dem Vorwort von Arno Klönne:
„Für die große Mehrheit derjenigen, die heute an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland studieren, ist die Geschichte der Studentenbewegung wie überhaupt der reformerischen Aufbrüche in der Hochschullandschaft in Westberlin und Westdeutschland um‚1968‘ keine Erfahrung mehr, die gedankliche und praktische Anstöße vermitteln könnte; es scheint so, als seien dies Vorgänge gewesen, die sich in einer anderen historischen Epoche abgespielt hätten. […]
Die hier publizierte Sammlung von Studien, die Wolfram Burisch gewissermaßen im Wege der‚Aktionsforschung‘, teilnehmend und reflektierend wie auch resümierend, über die Inhalte der Studentenbewegung ausgearbeitet hat, ist vorzüglich geeignet […] ein Kapitel der Geschichte der Hochschulen und Studenten wieder sichtbar zu machen, das in seinen Bedeutungen für das Nachdenken über die Zustände im derzeitigen hochschulischen Betrieb erst noch entdeckt werden muß. Leserinnen und Leser, die sich auf diese Mühe einlassen, werden mit ihren aktuellen Erfahrungen am ‚Lernort Hochschule‘ anders umgehen können; es werden langanhaltende Konflikte um den Charakter wissenschaftlicher Ausbildung und uneingelöste Ansprüche an die innere Verfassung von Institutionen erkennbar, in denen wissenschaftlich etwas ‚nachwachsen‘ soll.
In den Studien von Wolfram Burisch werden die Verbindungslinien zwischen hochschulpolitischen und gesellschaftspolitischen Kontroversen nachgezeichnet; deutlich wird dabei, daß die Ausgangspunkte und die eigenen Entwürfe der Studentenbewegung keineswegs fernab wissenschaftlicher Thematik lagen, daß zugleich aber das, was sich im spezifischen Terrain wissenschaftlicher Ausbildung bewegt – oder nicht bewegt, bewegen läßt – oder nicht bewegen läßt, nur im Kontext jener Entwicklungen zu begreifen ist, die außerhalb der Hochschule verlaufen. Hochschulpolitik, die sich auf den Problemhorizont des hochschulischen Geschehens beschränkt, bleibt borniert und vermag Engagement nicht zu erzeugen; andererseits greift in einer Gesellschaft wie der Bundesrepublik jeder Versuch gesellschaftspolitischer Veränderung, der die Hochschulen außer Betracht läßt, zu kurz.
[…] Zweifellos sind Thematik und Intention der Studien von Wolfram Burisch, stellt man sie in Bezug zur aktuellen gesellschaftlichen Mentalität und zur derzeitigen Wahrnehmungsweise von Gesellschaft in Deutschland, der vorherrschenden jedenfalls ‚antizyklisch‘. In Zeiten der‚Wir-sind-wieder-wer‘-Gefühle nimmt es sich außenseiterisch aus, wenn jemand an eine studentische Bewegung und an eine über die Studentenschaft hinausgreifende Diskussion erinnert, denen es um eine‚andere Hochschule‘, um ein ‚anderes wissenschaftliches Lernen‘ ging. Solcherart Bemühungen erscheinen als völlig überflüssig; wenn doch die allenthalben triumphierende‚Marktgesellschaft‘, die so genannte, aus ihren ökonomischen Eigengesetzlichkeiten heraus allgemeines Wohlbehagen zu garantieren vermag. Da brauche es angewandte Wissenschaften, aber doch keine wissenschaftliche Kritik des Wissenschaftsbetriebs, so kommt es durchweg den politischen und wissenschaftlichen Akteuren zur Zeit vor, und es wird darauf verwiesen, jedes Bedürfnis nach Utopien sei nun historisch abgemeldet.
Wer geschichtliches Denken nicht beiseitegelegt hat, wird dieser Gegenwartsdeutung kaum folgen können. Anzunehmen ist vielmehr, daß der Problemdruck, der weltweite aber auch der in der eigenen Gesellschaft, schon bald wieder stärker zu Bewußtsein auch in deutschen Köpfen kommt und Beunruhigung hervorbringt, gesellschaftspolitisch und wissenschaftlich neue Lösungen abfordert. Es gibt keine Garantie dafür, daß die Lösungsrichtungen, über die dann öffentlich zu verhandeln ist, vernünftig und menschenfreundlich sind; erst politische, wissenschaftliche und auch wissenschaftspolitische Auseinandersetzungen bestimmten darüber. […]“