Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Auf den Spuren von Artur und Felix Löwenstein
Irene Scherer, Welf Schröter, Klaus Ferstl
Grußworte
Reinhold Gall, Innenminister von Baden-Württemberg
Joachim Walter, Landrat des Landkreises Tübingen
Michael Bulander, Oberbürgermeister der Stadt Mössingen
Christoph Gögler, Vorsitzender des Vorstands der Kreissparkasse Tübingen
Erinnerungen für die Verantwortung heute
Prolog
Die Herausgeber
Erinnerungskultur heute. Warum es wichtig ist, die Erinnerung wach zu halten
Sibylle Thelen
Alternativen zum „Jüdischen Disneyland“
Sandra H. Lustig
Die „Geislinger Weiberschlacht“ oder: Eine Stadt organisiert Erinnerungsarbeit bürgerschaftlich
Oliver Schmid
Erinnerung und Begegnung
Prolog
Die Herausgeber
Verantwortung für die Zukunft braucht Erinnerung an die Vergangenheit. Aus der Arbeit des Löwenstein-Forschungsvereins 2007–2013
Irene Scherer, Welf Schröter
Als sich mein Leben veränderte
Doris Angel
Meine Erlebnisse nach der „Machtergreifung“ der Nazis
Harold Livingston
Mössingen – Eine Erfahrung, die sich nicht mit Worten beschreiben lässt
Ronnie Jacob
Die Familien der Gebrüder Loewenstein
Roger L. Lustig
Ein Advent in Mössingen. Felix und Artur Löwenstein
Jan Robert Bloch
Baustein französisch-deutscher Freundschaft
Otto Belser
Geschichte in der Gegenwart
Prolog
Die Herausgeber
Die Jüdischkeit in der Textilindustrie
Joel Berger
Artur und Felix Löwenstein. Biografische Notizen
Irene Scherer
„Veräusserung des Betriebs an einen zahlungsfähigen Erwerber“. Die „Arisierung“ der Mössinger Pausa AG in den Jahren 1935 und 1936
Claudia Nowak-Walz
Die Löwensteins als Unternehmer
Hermann Berner
Geschichtliche Bezüge in Mössingen
Prolog
Die Herausgeber
„Mut zum Mut“
Rosemarie Vogt
Es war Unrecht – Man muss der Geschichte in die Speichen greifen. Aus einem Gespräch mit Rosemarie Vogt
Irene Scherer, Welf Schröter
Das Recht des NS-Staates ist Unrecht. Warum die Verurteilung der Generalstreik-Teilnehmer nicht rechtmäßig ist
Hans-Ernst Böttcher
Ein neues junges Lebensgefühl sehnte sich nach Aufbruch in die Moderne
Irene Scherer, Welf Schröter
Pausa und Bauhaus
Prolog
Die Herausgeber
Spuren der Pausa in den Bauhaus-Archiven in Weimar, Dessau und Berlin sowie im Nederlands TextielMuseum in Tilburg
Richard Scherer
Das Exil der Frau
Beate Schmeichel-Falkenberg
Bauhäuslerinnen in der Löwensteinschen Pausa Ljuba Monastirskaja, Lisbeth Oestreicher und Friedl Dicker
Irene Scherer
Einblicke in ein ganz privates Stoffarchiv
Welf Schröter
Willy Häussler und der spätere Erfolg der Pausa
Hermann Berner
Bildnachweise
Vorwort
Das vorliegende Buch möchte einladen, den Spuren zweier außergewöhnlicher Gründerpersönlichkeiten zu folgen. Es möchte einladen, sich neuen Betrachtungen zuzuwenden und sich einer veränderten Perspektive zu öffnen.
Die nun offen lesbaren neuen Erkenntnisse sind das Ergebnis einer mehr als fünfjährigen Spurensuche des ehrenamtlichen Löwenstein-Forschungsvereins. Die Spuren führen in die zwanziger und dreißiger Jahre. Sie überraschen uns mit der Erfolgsgeschichte eines hochmodernen und innovativen Unternehmens – der 1919 in Mössingen gegründeten Mechanischen Weberei Pausa (später Pausa AG) – und dessen anregenden Verflechtungen und Netzwerkverbindungen mit dem ebenfalls 1919 begonnenen Bauhaus in Weimar und Dessau. Sie machen uns vertraut mit drei Bauhausschülerinnen aus Dessau, die zeitweise in der Pausa kreativ tätig waren: Ljuba Monastirskaja, Lisbeth Oestreicher und Friedl Dicker. Sie waren Teil des Löwensteinschen Tagtraums der Moderne, der von Form und Farbe ausging, um sich von dort der Vorstellung einer aufgeklärten Gesellschaft ohne Ausgrenzungen zuzuwenden.
Die Spuren konfrontieren uns mit der unrechtmäßigen „bösgläubigen“ Enteignung der jüdischen Familien Artur und Flora Löwenstein sowie Felix und Helene Löwenstein und deren schmählicher Vertreibung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1936. Die Analysen zeigen die schlimmen und verbrecherischen Vorgehensweisen der zwangsweisen „Arisierung“. Deutlich erkennbar wird, wer damals handelte. Widerständig und mit Würde gehandelt haben Jahre zuvor die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Mössinger Generalstreiks“. Seine Geschichte und die Geschichte der Löwensteins sind untrennbar verbunden.
Zugleich führen uns die Spuren an Lebenslinien und Lebensgeschichten von einzelnen Menschen heran, zu denen es über siebzig Jahre weder Namen noch Gesicht, weder Bildnis noch Ansprache gab. Die Annäherung an die Nachkommen von Artur und Felix Löwenstein setzte jene bewegenden Momente der endlich ausgesprochenen Worte des Bedauerns und der Entschuldigung in Gang. Mehr noch: Die offene Herzlichkeit der Nachkommen der Opfer öffnete die Gesichter der heutigen Bürgerinnen und Bürger. Das Heimkommen wurde zum zweiseitigen Willkommen.
Die ehrenamtliche Spurenarbeit war nicht nur ein Suchen nach rückwärts, es war zugleich ein Suchen in der Gegenwart und für die nahe Zukunft. Die neue Freundschaft von Bürgerinnen und Bürgern mit dem über viele Kontinente verteilten Kreis der großen Familie Löwenstein (Loewenstein) will erneuerte Grundlagen für eine demokratische Zivilgesellschaft pflegen. Die teils sehr persönlichen, teils autobiografischen Beiträge in diesem Buch von Doris Angel, Harold Livingston, Ronnie Jacob, Sandra Lustig und Roger Lustig lassen eine Nähe spüren, die noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen wäre.
Doch die Ergebnisse der Spurensuche eröffnen noch einen anderen neuen Blick: Es ist die Inaugenscheinnahme der jüdischen Spuren in Mössingen. Ihnen möge und soll zukünftig mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht werden.
Die ehrenamtliche Arbeit wurde gestützt und ergänzt durch fachlich-wissenschaftliche Recherchen. Diese ermöglichte die Förderung durch die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Die Untersuchungen werden fortgeführt und in die neue „Forschungs- und Archivstelle Artur und Felix Löwenstein“ eingebettet, die der Löwenstein-Forschungsverein zusammen mit dreißig Mitgliedern der Familie Löwenstein und einem Netzwerk von Beraterinnen und Beratern schrittweise aufbauen will.
Die Arbeit des Vereins wäre ohne die tatkräftige und offene Unterstützung von vielen Bürgerinnen und Bürgern sowie mehreren zivilgesellschaftlichen Gruppen nicht zu leisten gewesen. Das persönliche Wort half über manche Unwägbarkeiten hinweg. Ihnen sei an dieser Stelle ein eigenständiger Dank ausgesprochen. Vor allem aber waren es der Rückhalt und die Ermutigung, die von der Familie Löwenstein ausgingen, die dem Löwenstein-Forschungsverein Ausdauer und langen Atem verschafften.
Der vorliegende reichlich bebilderte Band konnte entstehen, weil die Kreissparkasse Tübingen und das Stuttgarter Lehrhaus Stiftung für interreligiösen Dialog die Arbeiten großzügig förderten. Ihnen sei besonders gedankt.
Der Löwenstein-Forschungsverein setzt seine Arbeit fort und lädt zur Mitwirkung freundlichst ein. Ein Wort Elli Wiesels hilft dabei: „Erinnerung muss Menschen zusammenbringen, anstatt sie zu trennen.“
Mössingen, Juni 2013
Irene Scherer, Welf Schröter, Klaus Ferstl
Löwenstein-Forschungsverein e.V.