(Tübingen) Im Alter von 89 Jahren starb am gestrigen Sonntag die Architektin und politische Publizistin Karola Bloch. 1905 im polnischen Lodz geboren erlebte sie als Jugendliche die Russische Revolution in Moskau. Sie studierte in Berlin Architektur und lernte das 'Bauhaus' kennen. Vor den Nazis mußte die junge Jüdin über Zürich, Wien, Paris, Prag nach New York ins Exil gehen. Seit 1932 war sie Mitglied der KPD, in der sie sich von anfang an gegen die Stalinsche Politik wandte, in der sie jedoch die einzige Möglichkeit des Widerstandes gegen Hitler sah. Ihre Familie und Angehörigen wurden im Warschauer Ghetto und im KZ Treblinka umgebracht.

Nach dem Krieg ging sie mit ihrem Mann Ernst Bloch in die DDR in der Hoffnung, ein besseres Deutschland aufbauen zu können. Doch 1953 und 1956 überwarf sie sich mit der SED-Führung. Sie stellte sich auf die Seite der polnischen und ungarischen Aufständischen. Die Leipziger SED schloß sie als "polnische Chauvinistin" aus der Partei aus. Seit 1961 wirkte sie in der Bundesrepublik, lernte Rudi Dutschke kennen und unterstützte die Studentenbewegung. In Tübingen engagierte sie sich in der Friedens- und Frauenbewegung.

In ihren Schriften "Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden ..." beschreibt sie, wie sie trotz großer Niederlagen immer wieder neuen Mut im Kampf um Menschenrechte und soziale Demokratie entwickelte. Sie erläutert ihre Hoffnungen in Solidarnosc, die Charta 77 und Gorbatschow.

Dem Talheimer Verlag übertrug sie den Wunsch, ihre Reden, Texte und Schriften bekannt zu machen. Karola Bloch wird am Montag, den 8.August 94 um 13.30 Uhr auf dem Tübinger Bergfriedhof an der Seite ihres Mannes beerdigt.

Der Talheimer Verlag, der die Bände DIE SEHNSUCHT DES MENSCHEN, EIN WIRKLICHER MENSCH ZU WERDEN und ICH GEHE ZU JENEN, DIE MICH BRAUCHEN veröffentlichte, bereitet zu ihren Ehren eine Neuausgabe ihrer Autobiographie AUS MEINEM LEBEN vor.