Start Pressearchiv PM 22.09.2010 Briefe aus dem Warschauer Ghetto
PM 22.09.2010 Briefe aus dem Warschauer Ghetto

Briefe aus dem Warschauer Ghetto

Die Architektin und Bauhaus-Schülerin Karola Bloch wollte ihre Familie retten

Ergreifende Dokumente aus den Jahren 1941 und 1942 hat jetzt der Talheimer Verlag in einer Neuerscheinung veröffentlicht. Es handelt sich um die verzweifelten Bemühungen der Architektin und Bauhausschülerin Karola Bloch von ihrem Exilort Amerika aus, ihre Familienangehörigen aus dem Warschauer Ghetto zu retten. Fünfzehn Schriftstücke sind Zeugnisse für ein dramatisches Scheitern. Die Eltern und der Bruder werden 1942 und 1943 in Treblinka ermordet. Zusammen mit anderen Texten von Karola Bloch und zahlreichen Aufsätzen über sie stellt der Talheimer Verlag den Band "Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin" auf der in Kürze beginnenden Frankfurter Buchmesse 3.1 A 103 vor.

Dreißig Berufsjahre wirkte die Architektin und Bauhaus-Schülerin Karola Bloch in Wien, Paris, Prag, New York, Leipzig. Die Neuerscheinung will gerade auch das Berufsprofil einer gesellschaftlich aktiven Frau herausarbeiten, die in Deutschland lange im Schatten des Werkes ihres Mannes, des Philosophen Ernst Bloch, stand.

Karola Bloch (1905-1994) war Schülerin von Hans Poelzig und Bruno Taut. Sie arbeitete bei Auguste Perret und wirkte in dem größten Architekturunternehmen der USA. Die Architektin war mit dem Bauhaus-Meister Xanti Schawinsky und Hannes Meyer, dem Direktor des Bauhauses Dessau freundschaftlich verbunden. Von 1949 bis 1956 war sie in der DDR tätig, bevor ihr dort die SED das Arbeiten verbot.

Die Kunst und der Dialog mit den Künstlern lag der Polin, Jüdin, Antifaschistin und Architektin Karola Bloch ebenso besonders am Herzen. Ausführlich korrespondierte sie mit dem in der DDR lange missachteten Kunstschaffenden Carlfriedrich Claus (1930-1998) aus Annaberg. Er hatte sich vorgenommen, seine Kunst mit dem philosophischen Werk Ernst Blochs zu verbinden. Nun wird endlich die Brieffreundschaft zwischen Carlfriedrich Claus und Karola Bloch sichtbar. Erstmals wird die Korrespondenz beschrieben und ausführlich zitiert.

Zu einem weiteren Künstler hielt Karola Bloch Kontakt: zu Ludwig Meidner (1884-1966). Den heute anerkannten Maler lernte Karola Bloch in ihrem neunzehnten Lebensjahr kennen. Er porträtierte sie und hielt somit das Gesicht einer jungen Frau des Jahres 1924 kennen. 1960 zeichnete er die dann 55jährige noch einmal. Nun enthielt das Gesicht die Leiden der Emigration. Heute werden diese Zeichnungen erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Buch "Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin" (herausgegeben von Irene Scherer und Welf Schröter) ist das Ergebnis einer langjährigen Recherche und Textzusammenstellung. Mehrere Werktexte der Architektin werden nach 50 Jahren erstmals wieder zugänglich gemacht.