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PM 09.02.2010 Gerechtigkeit für die Opfer der Heimerziehung

Gerechtigkeit für die Opfer der Heimerziehung

Eine Pädagogin und Zeitzeugin verlangt Aufklärung und "Menschlichkeit als Methode" Text: Schon mehr als ein Jahr lang bemüht sich ein Runder Tisch, von der Bundesregierung eingesetzt und von Antje Vollmer geleitet, um etwas späte – wenn nicht zu späte – Gerechtigkeit für ehemalige Heimkinder, die in den 1950er und 1960er Jahren in Heimen der damaligen Bundesrepublik gegängelt, ausgebeutet und missbraucht wurden.

"Nicht alle, aber viel zu viele! Wie konnte es geschehen, dass in der Nachkriegszeit und während des Wiederaufbaus so wenig materielle, soziale, pädagogische und politische Sorgfalt für benachteiligte Kinder aufgebracht wurde?" Wie hing das "Erbe" der Nazizeit, der "Autoritäre Charakter" vieler Deutscher und das Versagen der Kirchen mit unhaltbaren Zuständen in Fürsorgeerziehungsheimen und Anstalten zusammen? Und wie war es möglich, dass die Außerparlamentarische Opposition 1968 ausgerechnet in einem unbekannten Jugendheim in Hessen begann?

Annäherungen und Antworten auf solche und verwandte Fragestellungen sind zu erhalten von einer Zeitzeugin, die 15 Jahre praktisch in der Heimerziehung und Erzieherausbildung tätig war, um sodann als Hochschullehrerin sich an dem Werden des neuen Berufs von Sozialpädagogen zu beteiligen, für den sie "Menschlichkeit als Methode" einfordert.

Impulse für eine Pädagogik, die Stärke entfaltet

In Zeiten der wirtschaftlichen Krise haben es gerade junge Menschen nicht einfach. Wenn sie vor großen Herausforderungen stehen, benötigen sie eigene Stärke und Unterstützung. Was kann eine Pädagogin oder ein Pädagoge beitragen? Welche Qualifikationen sollte er erwerben? Was wird von ihr bzw. ihm erwartet? –

Die heute über achtzigjährige Sozialpädagogin Anne Frommann hat für die jungen Nachwuchsfachkräfte einen Ariadnefaden zur Orientierung zusammengestellt. "Menschlichkeit als Methode" versammelt sozialpädagogische und biografische Texte aus vierzig Jahren beruflicher Praxis und fachlicher Arbeit.

Der Durchgang durch das Subjekt beginnt biografisch und endet teilnehmend. Ausgehend von der Reform der Heimerziehung und einem neuen Verständnis des Faches Sozialpädagogik stellt Anne Frommann das "Ich" des zu unterstützenden jungen Menschen ins Zentrum ihres Denkens und Handelns. Nicht als bloßes Objekt professioneller Erzieher/innen sind die Jugendlichen zu betrachten, sondern als Mädchen und Jungen, deren eigene Stärke es zu entfalten gilt.

Der Band wendet sich sowohl an erfahrenes pädagogisches Personal wie auch an Studierende, die ihren beruflichen Weg erst noch finden wollen.

Dr. Anne Frommann (geb. 1927) war zuerst in einer Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen und Heimerzieherinnen tätig und sodann in der heilpädagogischen Heimerziehung. Ab 1971 konnte sie am Institut für Erziehungswissenschaften im Arbeitsbereich Sozialpädagogik der Universität Tübingen bis in die neunziger Jahre mit Kollegen und Kolleginnen das neu begründete Fach Sozialpädagogik entwickeln und weitergeben. Acht Jahre stand sie der bundesdeutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Heimerziehung vor.

Anne Frommann
Menschlichkeit als Methode
Sozialpädagogische und biografische Texte