Start Pressearchiv PM 31.07.2004 Theologe und Bürgerrechtler Wolfgang Ullmann gestorben
PM 31.07.2004 Theologe und Bürgerrechtler Wolfgang Ullmann gestorben

Theologe und Bürgerrechtler Wolfgang Ullmann gestorben

Talheimer Verlag trauert um einen unverwechselbaren Autor

Ein markanter und unverwechselbarer Aufklärer, ein für sozial Schwache parteilicher Theologe und unbestechlicher Demokrat, Wolfgang Ullmann, ist gestorben. Die Zivilgesellschaft hat eine ihrer treibenden Kräfte verloren. Der Talheimer Verlag trauert um einen Autor und europäischen Denker, der Verantwortung für andere zu seinem persönlichen Leitmotiv erhoben hat.

Wolfgang Ullmann, geboren am 18. August 1929 bei Dresden, studierte in West-Berlin Theologie und ging 1954 als Landpfarrer in die DDR zurück. Nach 1963 wurde er Dozent für Geschichte in Naumburg. Als Theologe an der Ausbildungsstätte der Evangelischen Kirche Berlin/Brandenburg in der DDR engagierte er sich schon Ende der siebziger Jahre in den Oppositionsbewegungen gegen die SED. Im Jahr 1989 gehörte er zur "Initiative für Frieden und Menschenrechte", die zu den Montagsdemonstrationen mitaufrief. 1989/1990 vertritt er die von ihm gegründete "Initiative Demokratie Jetzt" am "Runden Tisch". Als Minister ohne Geschäftsbereich setzt er sich im Übergangskabinett Modrow für die Auflösung der Staatssicherheit ein. Von 1990 bis 1994 ist er Mitglied des Bundestages in der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. 1991–1993 setzt er sich in der gemeinsamen Verfassungskommission des Bundes und der Länder für eine neue gesamtdeutsche Verfassung ein. In das Europaparlament wechselt er 1994. Der Träger der Theodor-Heuss-Medaille stirbt am 30. Juli 2004 kurz vor seinem 75. Geburtstag.

Für den Theologen Wolfgang Ullmann stand die Veränderung und Humanisierung der Welt im Vordergrund seines Wirkens. Das demokratische Prinzip leitete ihn auf allen Ebenen. Er sah sich sowohl in der geistigen Tradition von Eugen Rosenstock-Huessy, dem Mentor des "Kreisauer Kreises", als auch in der Tradition von Ernst Bloch: "Aufhebung der Selbstentfremdung des Menschen im Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, nichts anderes kann nach Bloch Thema und Inhalt der Geschichte sein." (Ullmann)

Das gesamteuropäische Denken Rosenstock-Huessys, wie Wolfgang Ullmann es in seinen Beiträgen im "Jahrbuch der Eugen-Rosenstock-Huessy-Gesellschaft" – erschienen im Talheimer Verlag – beschrieb, ergänzte er um die Blochsche Auffassung der Rolle von Thomas Müntzer, den Bloch als Theologen interpretiert: "Indem er ihn als 'Theologen der Revolution’ stilisierte, schuf er ein Paradigma, das seit den 60iger Jahren in der ganzen christlichen Ökumene erstaunliche Wirkungen zeitigte." (Ullmann)

Wolfgang Ullmann war ein radikaler Verfechter der Demokratie. Er wollte die "Kultur der Demokratie" stärken und verteidigen, gerade auch gegenüber neuen Herausforderungen: "Eine Gesellschaft, die Armut, Obdachlosigkeit und am Ende Slums produziert, lebt in einem Zustand sozialer Barbarei, mag sie noch so viele Handys in ihren Taschen, Bildschirme auf ihren Arbeitstischen und handgefertigte Ledersessel in ihren Autos haben." (Ullmann)

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