Start Pressearchiv PM 27.01.2002 Pierre Bourdieu ist tot – Seine kritische Stimme beeinflusst die sozialen Bewegungen in Europa
PM 27.01.2002 Pierre Bourdieu ist tot – Seine kritische Stimme beeinflusst die sozialen Bewegungen in Europa

Pierre Bourdieu ist tot – Seine kritische Stimme beeinflusst die sozialen Bewegungen in Europa

Talheimer Verlag erinnert an einen seiner Autoren

Im Alter von 71 Jahren starb am 23. Januar 2002 der Soziologe und Philosoph Pierre Bourdieu in Paris an Krebs. Seine wissenschaftliche Arbeit, seine Tätigkeit im Collège de France, seine Parteilichkeit für gesellschaftlich Ausgegrenzte verschafften ihm über Europa hinaus Anerkennung und Glaubwürdigkeit. In scharfer Form hatte Bourdieu die ungezügelte und marktfixierte Form der Globalisierung kritisiert, hatte der Deutschen Bundesbank einseitige Interessen vorgeworfen und sich an die Spitze der Protestmärsche der französischem Arbeitslosenbewegung gestellt.

Für seine Haltung und seine Kompetenz erhielt er 1997 den Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigshafen. In bewusstem Bezug auf Bloch verwarf er die These vom "Ende der Geschichte": "Das angebliche Ende der kritischen Utopien ist nichts anderes als wirtschaftswissenschaftlicher Fatalismus." In seiner Dankesrede – die zusammen mit weiteren Texten Pierre Bourdieus in dem von Klaus Kufeld herausgegebenen Band "Zukunft gestalten" im Talheimer Verlag (Mössingen) erschien – ruft er zur sozialen Umgestaltung Europas auf: "Gegen den Fatalismus der Bankiers, die uns einreden, die Welt könne nicht anders sein, als sie ist, müssen sich die Intellektuellen und all jene, die sich ernsthaft um das Glück der Menschheit sorgen, für ein wissenschaftlich untermauertes utopisches Denken stark machen.

"Der Theoretiker wider Willen" – wie Bourdieu sich gern selbst bezeichnete – galt für diejenigen, die fürchten auf die Schattenseite einer börsenzentrierten Globalisierung zu geraten, als verlässlicher, loyaler Fürsprecher und sozialer Anwalt. Der Talheimer Verlag erinnert sich mit Respekt an die Begegnung mit diesem außergewöhnlichen Menschen.

Talheimer Verlag

Irene Scherer, Welf Schröter