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Bloch-Almanach 15/1996Bloch-Almanach 17/1998

Bloch-Almanach 16/1997

Karlheinz Weigand (Hg.)

Bloch-Almanach 16/1997
Periodikum des Ernst-Bloch-Archivs der Stadt Ludwigshafen am Rhein

Mit Beiträgen von Klaus Kufeld, Karlheinz Weigand, Michael Pauen, Horst Folkers, Gérard Raulet, Eileen French, Anna Wolkowicz, Sabine A. Vischer, Jürgen Jahn

1997, 232 S., br., 29,00 €
ISBN 978-3-89376-064-0 [ISBN 3-89376-064-4]

Bloch-Almanach 16/1997
( Talheimer Verlag )

€ 29.00 (inkl. 7 % MwSt.)


Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Von Klaus Kufeld und Karlheinz Weigand

Der apokalyptische Augenblick. Kontinuität und Umbruch in den geschichtsphilosophischen Vorstellungen des jungen Bloch 
Von Michael Pauen (Marburg)

Blochs Antwort auf Nietzsches Gedanken von der Souveränität des Werdens 
Von Horst Folkers (Freiburg)

Ernst Bloch, un Weimarien en exil
Von Gérard Raulet (Paris)

Some Thoughts on Ernst Bloch’s Concept of the Noch-Nicht and its Application to Analytical Psychology 
Von Eileen French (London)

„Wie ein Bild an den Wänden“. Zur Rezeption von Goethes Gestaltbegriff bei Bloch und einigen Zeitgenossen
Von Anna Wolkowicz (Warschau)

Hoffnung oder Gewissheit. Anmerkungen zu Ernst Bloch, Uwe Johnson und ihrem Sozialismus
Von Sabine Vischer (Tübingen)

The Ambiguous Quest: Ernst Blochs Early Love
Von John K. Dickinsons (Cambridge, Mass.)

Eine unbekannte Bloch-Korrespondenz. Ein Bericht 
Von Jürgen Jahn (Berlin)

 

Vorwort

Vor 20 Jahren, am 4. August 1977, verstarb Ernst Bloch in Tübingen im Alter von 92 Jahren, bis zuletzt schöpferisch tätig. Unsere Hoffnung bedeutet, wie er in seinen Werken ausführt, mehr als nur einen Affekt; sie ist vielmehr Ausdruck dessen, was reale Möglichkeit ist. Darum wird es immer Utopien geben, werden die Menschen immer über Möglichkeiten nachdenken, die noch nicht existieren, und darum hat Bloch auch unserer Zeit viel zu sagen. Seine Wirkungsgeschichte geht weiter.

Drei Beiträge handeln zum Auftakt vom Denken des jungen und mittleren Bloch. Gemeinsam ist ihnen, daß sie dieses Denken im zeitgenössischen Kontext interpretieren wie auch – durch Akzentuierung des geschichtsphilosophischen Aspekts – auf seine heutige Bedeutung verweisen. Michael Pauen skizziert die Geschichtsphilosophie des jungen Bloch vor dem Hintergrund aufklärerischer und idealistischer Vorstellungen: Steht dort die Kontinuität einer genau prognostizierbaren Entwicklung im Vordergrund, so betont Bloch den apokalyptischen Umbruch. Blochs Konzeption ist nicht unproblematisch, dennoch kann auch die aktuelle Auseinandersetzung mit Problemen der Geschichtsphilosophie noch von einigen seiner Einsichten profitieren. Auch Horst Folkers thematisiert den jungen Bloch. Dessen frühe Philosophie, wie sie im ersten Hauptwerk ‚Geist der Utopie‘ kulminiert, gibt eine apokalyptische Deutung der Geschichte – die gleichwohl, als Selbstbegegnung des Menschen, immanent zu bleiben bestrebt ist. Genauer betrachtet tritt sie damit nicht aus dem Horizont der durch Nietzsche gegebenen Lage eines Endes der traditionalen metaphysischen Gewißheiten nach dem ,Tode Gottes‘ heraus. Blochs geschichtsphilosophische Selbstverortung in ‚Geist der Utopie‘ impliziert, so Folkers, noch nicht die Freiheit, auch die leitende Tradition unabhängig von den Zufällen der Gegenwart wählen zu können. – Ernst Blochs im Exil entstandene Werke lassen sich nach Gérard Raulet unter folgender Formel fassen: Sowohl in seiner reichen Schaffensperiode in den USA als auch im vorausgegangenen Buch ‚Erbschaft dieser Zeit‘ und in der Expressionismus-Debatte ist Bloch ein ‚Denker der Weimarer Republik‘, der für einen Durchbruch des Sozialismus im nach dem Sieg über Hitlerdeutschland neu zu bauenden Europa kämpft. Raulet betont Blochs methodische Eigenständigkeit (deutlich z.B. am Gegensatz zu Lukács) und Aktualisierbarkeit.

Nach längerer Zeit liegt wieder ein Artikel über die Bloch-Rezeption in der Psychologie vor. Für die Praxis der Psychoanalytikerin Eileen French spielt Blochs Noch-Nicht eine wichtige Rolle, denn im Noch-Nicht-Bewußten werden therapeutische Änderungen der subjektiven inneren Welt möglich. In der Analyse sind Analytikerin und Patient gleichermaßen dabei, das Noch-Nicht zu entdecken. Angestrebtes Ziel ist ein psychologischer Zustand, in dem der Patient – gegenüber der Enge des Jetzt – das Noch-Nicht akzeptieren lernt.

Mit Fragen der Ästhetik befassen sich die beiden folgenden Beiträge. Für Ernst Bloch ist die Welt voll ‚Auszugsgestalten‘, pointiert gesagt: Er ästhetisiert die gesamte Wirklichkeit. Dabei steht er, wie Anna Wolkowicz in ihrem kurzen Aufriß darlegt, zusammen mit vielen anderen ganz unterschiedlichen Denkern (z.B. Georg Simmel, Rudolf Steiner, Oswald Spengler) in der Traditionslinie der Goethe-Rezeption des 20. Jahrhunderts. Auf der anderen Seite ist die Bloch-Rezeption in der deutschen Gegenwartsliteratur noch wenig erforscht. Sabine Vischer weist anhand von Textbelegen und biographischen Daten nach, daß Uwe Johnsons schriftstellerisches Schaffen nachhaltig von der Philosophie Blochs beeinflußt ist.

Zum Abschluß zwei Aufsätze zur Biographie: John K. Dickinson zeigt die verwirrende Mischung aus Opportunismus, patriarchalischem Gebaren und Eros in den Beziehungen des jungen Bloch zu Frauen im allgemeinen und Else von Stritzki im besonderen. Dabei erweist sich, daß Bloch im Rückblick sich als jungen Mann stilisiert, der die Situation beherrschte – was die Quellen nicht rechtfertigen. Er versteht es, die Verwirrung in Vitalität umzumünzen oder, anders gesagt, die Vitalität durch dosiertes Enthüllen der Verwirrung aufzupolieren. Jürgen Jahn berichtet über den bisher unbekannten Briefwechsel Ernst Bloch – Wieland Herzfelde 1938–1949, informationsreiches Quellenmaterial zu Blochs Leben und Werk, das publiziert werden wird.

 










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