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sammlung kritisches wissen - Band 66

Francesca Vidal (Hg.)

Bloch-Jahrbuch 2011
Utopien von Zivilgesellschaft

25 Jahre Ernst-Bloch-Gesellschaft (1986–2011)

Mit Beiträgen von Ernst Bloch, Michael Daxner, Jürgen Jahn, Annette Knaut, Cat Moir, Lucien Pelletier, Elisabeth Reil, Welf Schröter, Henning Tegtmeyer, Johan Siebers, Mihály Vajda, Jens-Jürgen Ventzki, Francesca Vidal, Rainer Zimmermann

2011, 208 Seiten, br., 29,00 €
ISBN 978-3-89376-143-2

Was kann Philosophie, genauer gesagt die Philosophie Ernst Blochs, für die Entfaltung von Zivilgesellschaft in Europa – und nicht nur dort – beitragen? Was bedeuten „Konkrete Utopien von Demokratie“?

sammlung kritisches wissen - Band 66
( Talheimer Verlag )

€ 29.00 (inkl. 7 % MwSt.)


Inhaltsverzeichnis

 

Francesca Vidal
25 Jahre Ernst-Bloch-Gesellschaft. Vorwort

 

25 Jahre Ernst-Bloch-Gesellschaft

Francesca Vidal
Begründete, sich auskennende Hoffnung. Das Unabgegoltene als Vorschein

Jürgen Jahn
Kleines Plädoyer für eine historisch-kritische Bloch-Edition

Ernst Bloch
Über die Bedeutung des XX. Parteitages

Jürgen Jahn
Begegnung mit Ernst Bloch

 

Utopien von Zivilgesellschaft

Francesca Vidal
Utopie der Zivilgesellschaft

Mihâly Vajda
Konkrete Utopie der Demokratie

Michael Daxner
Europäische Zuversicht – Afghanische Hoffnung

Henning Tegtmeyer
Ist der Mensch ein politisches Wesen? Ernst Bloch über Staat und Gesellschaft

Elisabeth Reil
Über den nützlichen Gebrauch der profanen Literatur. Eine Empfehlung des Basilius von Cäsarea an die Jugend

Annette Knaut
Europa vermitteln durch Kultur. Der Beitrag der europäischen Kulturhauptstädte zu einem kosmopolitischen Europa

 

Bloch-Forschung

Lucien Pelletier
Pourquoi Bloch a-t-il fait sa thèse sur Rickert?

Cat Moir, Johan Siebers
Übersetzung als Utopie bei Bloch. Über die Schwierigkeit des Überschreitens

Welf Schröter
Ernst Bloch und der „Blochianische Gegenbloch“ Eugen Rosenstock-Huessy

 

Rezensionen

Jens-Jürgen Ventzki
Eine Entdeckung mit Folgen

Rainer E. Zimmermann
Bloch und Rickert

 

Aus Anlass ihres 25-jährigen Bestehens hat die Ernst-Bloch-Gesellschaft im neuen „Bloch-Jahrbuch 2011“ Aufsätze renommierter Fachvertreter aus Philosophie, Soziologie, Politik- und Religionswissenschaft zusammengefügt. Neben der Demokratiedebatte in der Europäischen Union stehen die Geschehnisse in Ungarn und Afghanistan im Brennpunkt. Wie sieht Bloch das zoon politikon? Welche Verbindung geht der Begriff „Zivilgesellschaft“ mit dem Begriff „Utopie“ ein? In der begründeten, sich auskennenden Hoffnung und in der Betrachtung des Unabgegoltenen als Vorschein liegen erste Antworten.

Michael Daxner, Mitglied zahlreicher europäischer Wissenschaftsorganisationen und mehrjähriger Berater des afghanischen Wissenschaftsministeriums, benennt die Verantwortung zivilgesellschaftlichen Denkens. Mihály Vajda, Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften drängt auf das Erlernen demokratischen Bewusstseins. Francesca Vidal, Präsidentin der Ernst-Bloch-Gesellschaft, beschreibt die Utopie der Zivilgesellschaft. Erstmals wird in diesem Buch die Originalfassung des Textes „Über die Bedeutung des XX. Parteitages“ von Ernst Bloch aus dem Jahr 1956 in einer Edition von Jürgen Jahn veröffentlicht.

Im Jahr 1956 erschütterte der XX. Parteitag der sowjetischen Kommunistischen Partei das Herrschaftsgebiet des Realsozialismus. Ernst Bloch, der sich in der DDR das bessere Deutschland erhofft hatte, wurde schon von der SED bedrängt, war aber noch nicht verboten. In seinem Aufsatz über die Bedeutung des XX. Parteitages nimmt er 1956 Stellung zu Stalin, zur sowjetischen Diktatur und zum Personenkult: „Es betrifft bekanntlich den Personenkult und vor allem das, was damit an Schädlichem, ja Entsetzlichem zusammenhängt“ (Ernst Bloch). Veröffentlicht wurde dieser Text in einer deutlich überarbeiteten Fassung im Jahr 1970.

Jürgen Jahn, Blochs späterer Lektor in der DDR, hat nun in einer präzisen Editionsarbeit das Original des Beitrages aus den fünfziger Jahren vorgestellt. Ernst Blochs Aufsatz – so Jürgen Jahn im neuen Bloch-Jahrbuch 2011 – „hat eine lange Vorgeschichte. Schon das mit ‚Mai 1956‘ angegebene Entstehungsdatum weist darauf hin. Der Aufsatz entstand unter dem unmittelbaren Eindruck der Vorgänge auf dem Parteitag, den Bloch als Befreiungsschlag empfand. Entsprechend geht der Text nicht nur analytisch-rational vor, sondern ist auch emotional stark aufgeladen.“

Jürgen Jahn war in seiner Universitätszeit Student bei Hans Mayer und Ernst Bloch: „Blochs Rhetorik war beeindruckend, aber die besondere Überzeugungskraft seines Vortrags lag in der Art und Weise, wie er uns das philosophische Denken der Vergangenheit als lebendiges Erbe vermittelte“ (Jürgen Jahn).

Jürgen Jahn verbindet mit der Neubearbeitung des Bloch-Aufsatzes den Appell, die Bloch-Forschung voranzutreiben und sich mit dem Gedanken einer historisch-kritischen Gesamtausgabe des philosophischen Werkes aktiv zu befassen.

Welche Hoffnungen haben die Menschen in Afghanistan? Was muss zum Aufbau einer Zivilgesellschaft an europäischer Unterstützung erfolgen? Der langjährige Regierungsberater, Soziologe und Weiterdenker der Philosophie Ernst Blochs, Michael Daxner, fordert in seinem jüngsten Aufsatz Befürworter und Gegner des militärischen Afghanistaneinsatzes heraus. Im neuen Jahrbuch der Ernst-Bloch-Gesellschaft schreibt er unter dem Motto „Europäische Zuversicht – Afghanische Hoffnung“ provokant: „Was aber ist dann der revolutionäre Aspekt in dem, das wir tun können und sollen? Die Grundbedürfnisse ohne Bedingungen erfüllen und den öffentlichen Raum schaffen helfen, der nötig ist, um die Wahl der Lebensstile und Zukunftsoptionen überhaupt kommunizierbar zu machen. Demokraten unterstützen, Zivilgesellschaft stärken und, wo nötig, mit dem Revolver der illegitimen Herrschaft entgegentreten. […] Es geht nicht um unsere Sicherheit und Freiheit, es geht nicht um die Tröstung der USA für Twin-Towers, es geht nicht um den Kampf gegen das Böse oder die Terroristen. Es geht nur um die Menschen, die dort leben und wenig Freiheit der Wahl haben. Und die sind nach mehr als 30 Jahren Krieg und mehr als 80 Jahren enttäuschter Modernisierungserwartung unterschiedlichen mehr oder weniger illegitimen oder auch legitimen Herrschaftsmodi unterworfen, die ihnen jeweils eine unzumutbare Regierung auferlegen, in Familie, Dorf, Distrikt und im Land. In ihrem Widerstand schaffen es viele bereits jetzt, sich zivilgesellschaftlich zu assoziieren, das können wir sehr tatkräftig unterstützen. Diese Menschen agieren nicht in unserem Namen, so wenig wie wir in ihrem; wo wir gemeinsam handeln, wo unsere Hilfe auf ihren Überlebenswiderstand stößt, gibt es einen gemeinsamen Namen.“

Der Soziologe Michael Daxner setzt europäische Zuversicht und afghanische Hoffnung zueinander in Beziehung und macht am Heimatdiskurs deutlich, warum Europa Verantwortung trägt für das Wohl der Menschen in Afghanistan. Michael Daxner war von 2003 bis 2005 als Berater des afghanischen Wissenschaftsministeriums und der afghanischen Rektorenkonferenz tätig.










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