Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Mathias Richter, Inka Thunecke Einleitung
Polen
Gdansk 1980: Polens Arbeiter gegen den Arbeiterstaat – Einleitung
Karol Modzelewski Der Mythos von Solidarnosc
Dawid Warszawski (Konstanty Gebert) Europa ist wie Sozialismus – eine gute Idee
Jan Litynski Hoffnung auf eine solidarische Zivilgesellschaft
Helena Luczywo Von den USA lernen …
Radoslaw Gawlik Mit offenem Visier
Tschechien
Prag 1968: Die Sehnsucht der Tschechen nach Demokratie – Einleitung
Jirí Dienstbier Während der Revolution ist keine Zeit zum Träumen
Petr Uhl Kapitalismus mit menschlichem Antlitz
Jirina Šiklová Feminismus – Die Ost-Version
Jaroslav Šabata Eine postimperiale Konstellation
Slowakei
Bratislava 1968: Das Streben der Slowaken nach Souveränität – Einleitung
Miroslav Kusý Der Nationalismus von 1968
Martin M. Šimecka Zum Dissidenten geboren
Ungarn
Budapest 1956: Ungarns langer Weg in die Marktwirtschaft – Einleitung
György Dalos Menschenrechte und Würde
János Kis Die Kosten bürgerschaftlichen Engagements
Gábor Havas Aus der Krise in die Krise
János Vargha Ohne Notausgang – gefangen in der Technosphäre
István Eörsi Die Westerweiterung der Utopie
Anhang
Abkürzungen/Glossar
Personenverzeichnis
Chronologie
Literaturverzeichnis
Interviewer
Die Europäische Union hört auf, ein allein westeuropäisches Projekt der Nachkriegsgeschichte zu sein. Mit den osteuropäischen Beitrittsländern kommen nicht nur neue Staaten, Märkte und Bürger in die EU. Mit ihnen kommen Weltanschauungen, Mentalitäten, kulturelle Identitäten, geschichtliche Erfahrungen und nicht zuletzt Werte, politische Zielvorstellungen und Utopien, die sich von denjenigen der Westeuropäer zum Teil deutlich unterscheiden. Es ist ein neues/altes Stück Europa mit seinen besonderen Brüchen und Widersprüchen, das 1989 in die Geschichte zurückkehrte und nun Teil der EU ist.
Aus der Einleitung:
„Zwischen diesen beiden Zeitpunkten, dem Fall der Berliner Mauer und dem Beitritt zur EU, haben diese Länder einen rasanten gesellschaftlichen Wandel erlebt. Der Zusammenbruch des Realsozialismus hat in diesen Ländern nicht nur die politische und ökonomische Realität abrupt verändert, es hat auch ein Umbruch im Denken über die Realität stattgefunden. Die demokratischen Revolutionen in den ehemaligen Warschauer-Pakt-Mitgliedsstaaten haben für die Menschen dieser Länder die Chance zur Realisierung lang gehegter Träume, Wünsche und Hoffnungen mit sich gebracht. Zugleich war der Prozess aber nicht zuletzt auf wirtschaftlicher Ebene für viele auch mit schmerzlichen Enttäuschungen verbunden. Mit der Durchsetzung von Freiheit und Menschenrechten ging auch das Ende vieler Utopien einher - einerseits weil ein Teil ihrer Geltungsansprüche endlich eingelöst wurde, andererseits verschwand aber auch manche Alternative zum Bestehenden, die einst erdacht und für die gekämpft wurde, kaum dass sie endlich realisierbar erschien, von der politischen Tagesordnung.
Mehr als anderthalb Jahrzehnte nach dem Mauerfall sieht es so aus, als ob von den Utopien von damals nicht mehr viel übrig geblieben ist. Sind sie tatsächlich auf der Strecke geblieben? Oder sind andere, möglicherweise neue Utopien an deren Stelle getreten? Welchen Gehalt haben sie heute? Haben sie mit denen von gestern noch etwas zu tun? Fragen, die sich angesichts einer im Westen bereits Mitte der 80er-Jahre diagnostizierten ‚Erschöpfung utopischer Energien‘ heute, vor dem Hintergrund einer sich scheinbar alternativlos entwickelnden ökonomischen Globalisierung und der damit einhergehenden Zwänge, um so schärfer stellen.“
„In allen Gesprächen geht es um mögliche utopische Potenziale eines Vereinten Europas und die Frage, welche politische Rolle die um die osteuropäischen Länder erweiterte EU künftig nach innen und nach außen spielen könnte. So unterschiedlich die Antworten auf einzelne Fragen ausgefallen sind, eine Botschaft ist fast allen Interviews zu entnehmen: Der aus westeuropäischer Sicht so selbstverständlich als ‚Osterweiterung‘ verstandene Beitritt der osteuropäischen Länder zur EU muss mindestens in kultureller, möglicherweise aber auch in politischer Hinsicht auch als Westerweiterung verstanden werden. Darauf möchte das vorliegende Buch aufmerksam machen und einen Beitrag dazu leisten, die Verschränkung zweier Traditionslinien zu denken und nach ihrem (multi-)kulturellen und politischen Potenzial für die Identität eines neuen Europas zu befragen.“ (Mathias Richter, Inka Thunecke)
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