Inhaltsverzeichnis
Hans-Jürgen Guth, Monika Rappenecker
Vorwort
Hans-Jürgen Guth
Einleitung – Kirchliches und staatliches Asylrecht im Widerstreit?
Winfried Bader
„Birg den Versprengten, den Flüchtling verrate nicht“ (Jes 16,3) – Asyl im Alten Testament
Hans-Jürgen Guth
Kirchenasyl und kirchliches Recht
Dieter Kraus
Kirchenasyl und staatliche Grundrechtsordnung
Marianne Burkhard OSB
Von der ‚Underground Railroad‘ zum ‚Sanctuary Movement‘ – Kirchliches Asyl in den USA
Dietmar Mieth
Ethische Begründung von Kirchenasyl
Claus Bleckwehl
Kirchenasyl in Ettenheim für eine kurdische Familie
Michael Dorsch, Nils Rosemann
Kirchenasyl ist geteilte Angst – Unterstützung für armenische Kriegsflüchtlinge in der Jenaer Stadtkirche St. Michael
Mehr und mehr christliche Gemeinden gewähren Flüchtlingen Kirchenasyl als Schutz gegen angedrohte Abschiebungen. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Disziplinen reflektieren darüber gemeinsam mit Mitgliedern von Kirchengemeinden und Initiativgruppen, die sich heute auf das alte Rechtsinstitut berufen. Die hier gewonnenen Einsichten können und wollen auch konkrete Entscheidungshilfen bieten für alle, die nach Verweigerung staatlichen Asyls auf kirchliches Asyl zurückgreifen.
Wo liegen die Ursprünge des Kirchenasyls? Weshalb hat es sich entwickelt? Welche Funktion hatte es? Warum gewähren Kirchengemeinden heute Asyl? Ist das Kirchenasyl ein überflüssiges Relikt einer längst vergangenen Zeit? Kann es in einem modernen demokratischen Rechtsstaat überhaupt noch ein Asyl in Kirchen geben? – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen reflektieren gemeinsam mit Mitgliedern von Kirchengemeinden und Initiativgruppen, die sich heute auf das alte Rechtsinstitut berufen und Asyl in Kirchen gewähren. Die hier gewonnenen Einsichten können die wissenschaftliche Diskussion wie den gesellschaftlichen Diskurs anregen, aber auch konkrete Entscheidungshilfen bieten für alle, die nach Verweigerung staatlichen Asyls auf kirchliches Asyl zurückgreifen. Nach der Bestätigung des sogenannten Asylkompromisses durch das Bundesverfassungsgericht erscheint dies notwendiger denn zuvor.
„Was Menschen anderen Menschen anzutun in der Lage sind, präsentieren die Medien Tag für Tag. In Zeitungen und Zeitschriften ist es zu lesen, im Rundfunk zu hören und im Fernsehen sind die grausamsten Bilder zu den Schreckensnachrichten live zu sehen. Dennoch bleibt das über die Medien vermittelte Unheil anonym. Daß ungerechte Wirtschaftsformen, Unterdrückung, Gewalt, Folter, Krieg, Bürgerkrieg, Verletzung von Menschenrechten und Verfolgung immer einzelne Menschen treffen, wird spätestens dann deutlich, wenn diejenigen mit der Bitte um Hilfe vor der Tür stehen, die in Deutschland Zuflucht gesucht haben, von staatlichen Behörden aber abgewiesen und mit Abschiebung bedroht werden. Welche Probleme, Konzepte und Erfahrungen haben Kirchengemeinden und Initiativgruppen, wenn sie sich in dieser Situation auf das alte Rechtsinstitut des Kirchenasyls berufen und Asyl in der Kirche gewähren?“ (Aus dem Vorwort)
„Kirchenasyl und kirchliches Recht fragt nach den historischen Wurzeln des Kirchenasyls ebenso wie danach, ob es heute noch so etwas wie ein Recht auf Kirchenasyl bzw. eine Pflicht zur Gewährung von Kirchenasyl gibt. Im Ergebnis unterscheiden sich die Antworten hierauf aus einer katholischen und evangelischen Sicht kaum. Für die katholische Kirche gibt es ein Recht auf Kirchenasyl und eine diesem Recht korrespondierende Pflicht zur Gewährung von Kirchenasyl.“ (Aus der Einleitung)
„Kirchengemeinden wollen sicher mit Kirchenasyl nicht der staatlichen Asylgesetzgebung Konkurrenz machen. Ihnen geht es zum einen ganz konkret um gerechte Entscheidungen in Einzelfällen. Hierfür wollen sie sich bei den zuständigen staatlichen Stellen und Institutionen einsetzen. Kirchenasyl will aber auch ein Zeichen setzen, Gesetze und den sie tragenden politischen Kompromiß zu ändern, wenn Not leidende Menschen hinter den Interessen von besser Gestellten oder gar Institutionen zurückbleiben.“ (Hans-Jürgen Guth)
„Wenn sich die Menschen mit dem einmal erreichten Kompromißstand zufrieden geben, wie immer die ethische Verantwortung dabei bestellt sein mag, dann könnte es nicht von alten schlechten Kompromissen zu neuen besseren Kompromissen kommen. In diesem Sinne denke ich, daß Kirchenasyl eine besondere und berechtigte politische Funktion hat. Ich denke, man müßte es ermuntern, und man sollte es, aus ethischen Gründen, soviel wie möglich fördern.“ (Dietmar Mieth)
„Die juristische Beurteilung des Kirchenasyls zeigt, wie eine altehrwürdige weltliche Rechtsfigur in der Form zwar untergegangen ist, in der Sache aber in den grundrechtlichen Gewährleistungen des modernen Verfassungsstaates fortlebt. An die Stelle der früheren institutionellen Betrachtungsweise (Kirchenasyl als Rechtsinstitut) ist dabei heute eine personale, grundrechtsbezogene Betrachtungsweise (Kirchenasyl als Religionsausübung) getreten.“ (Dieter Kraus)